Recherche-Journalismus & Photographie

 

 Harte Typen, so mag es Red Bull in seiner Werbung.                                                                        Foto: RedBull

 

 

Aus unserer Werkstatt-Recherche (Aug/Sept 2013): 

Red Bulls gefährliche Lobby


Seit Dezember 2009 sollen die hochkonzentrierten Energy Shots von Red Bull verboten werden, jedoch scheint die Lobby hinter der Marke die Politik zu steuern.

 

Von Laura Zwerger (Journalistik-Studentin der Universität Eichstätt)


Die Amerikanerin Anais Fournier starb im Alter von 14 Jahren an Herzrhythmusstörungen durch eine Koffeinvergiftung. Sie hatte zwei 0,7-Liter-Dosen des Energy-Drinks Monster getrunken, welcher - neben dem Marktführer Red Bull - auch in Deutschland in jedem Supermarkt zu finden ist. Anais ist kein Einzelfall mehr, mittlerweile werden mindestens vierzehn Todesfälle in Verbindung mit Energy-Drinks von der
Food and Drug Administration (F.D.A.) in den USA untersucht.


Auch in Deutschland stehen Energy-Drinks in der Kritik: Im Jahr 2009 hat die Marke Red Bull eine neue Form des Energy-Drinks auf den Markt gebracht: Die vierfach so stark dosierten Energy-Shots. Sie enthalten mit nur 60 Milliliter den vierfachen Anteil an Koffein und Taurin wie eine 250 Milliliter Dose Red Bull. Gesundheitsschäden wie Herzrhythmusstörungen, Nierenversagen, Krampfanfälle bis hin zu Todesfällen können vor allem bei sportlicher Betätigung, bei Risikogruppen oder bei dem gleichzeitigen Konsum mit Alkohol auftreten.


Red Bull weist Vorwürfe zurück


Diese Vorwürfe weist Red Bull zurück, da vor allem Sport der Grundpfeiler ihrer Werbung ist: Als Sponsor veranstaltet Red Bull weltweit Sportevents und unterstützt Sportler, welche für den Konsum ihrer Produkte werben. Dass Energy-Drinks und vor allem Energy-Shots beim Sport gefährlich sein können, wird nicht kenntlich. Red Bull hat lediglich in einer Pressemitteilung darauf verwiesen, dass neben Energy-Drinks/-Shots auch ausreichend Wasser konsumiert werden müsse. Den Vorwurf, den beliebten Partydrink „Wodka Bull“ zu vermarkten, weist das Unternehmen ebenfalls zurück. Dieser Drink ist an den meisten Bars erhältlich und wird aus Wodka und einer Dose Red Bull Energy-Drink gemischt. Zwar wirbt Red Bull nicht offiziell für diesen Drink, jedoch können Kühlschränke inklusive Dosen schon für eine einfache Hausparty kostenfrei bei dem Unternehmen angefordert werden. Auch finden sich in vielen Diskos die Kühlschränke von Red Bull sowie ihre Produkte.


Seit 2009 sind die gesundheitlichen Risiken durch Energy-Getränke jedoch bewiesen: Die frühere Verbraucherministerin Ilse Aigner hat im Jahr 2009 Untersuchungen des neuen Produkts Energy-Shot durch das Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse eindeutig sind: Enorme gesundheitliche Risiken können auf Grund der starken Dosierung von Koffein und Taurin und dem zu erwartenden Überkonsum von mehr als einer Flasche pro Tag entstehen. Daher hat das BfR dazu geraten, "
Inverkehrbringen von Energy Shot Produkten zu untersagen". Aigner kündigte fünf Monate nach der Untersuchung durch das BfR an, dass zusätzliche Warnhinweise auf den Produkten eingeführt werden sollen. Zwar wurden im Jahr 2012 mit dem Inkrafttreten der neuen Fruchtsaftverordnung erstmals Höchstwerte für Koffein und Taurin bei Energy-Drinks bestimmt, jedoch sind Energy-Shots davon nicht betroffen: Red Bull nutzt eine Gesetzeslücke und deklariert seine Energy-Shots als Nahrungsergänzungsmittel, umgeht daher die Einhaltung der Höchstwerte. Die von Aigner vorgesehenen Warnhinweise  bezüglich sportlicher Betätigung und dem Konsum in Verbindung mit Alkohol fielen in der endgültigen Fassung der Verordnung unter den Tisch.


Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch fordert ebenfalls seit 2009 ein Verbot der gefährlichen Energy-Shots, es geschieht jedoch nichts. Verbraucherschützer Matthias Wolfschmidt von Foodwatch sagte in einem Interview: „Frau Aigner hat die wissenschaftliche Untersuchung, die sie selbst in Auftrag gegeben hat, drei Jahre lang einfach ignoriert - obwohl sie bei drohenden Gesundheitsgefahren nicht auf Brüssel warten muss, sondern selber aktiv werden kann. (..) die Politik bleibt weiter tatenlos."


Warum die Politik tatenlos bleibt könnte mit der Lobby von Red Bull zusammenzuhängen. Um in Deutschland Warnhinweise bezüglich dem Konsum in Verbindung mit Alkohol sowie der sportlichen Betätigung zu erlassen, müssen diese von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) gemäß der Health-Claim-Verordnung (HCVO) gebilligt werden.

Dass weder die EFSA noch das BfR im Falle Red Bull in den letzten drei Jahren tätig wurden, ist kein Zufall: Das BfR arbeitet mit der EFSA zusammen und dort hat auch schon mal ein gewisser Dr. Karl Heinz Niederreiter Zugang Niederreiter ist ein Lobbyist Red Bulls und war im Juni 2009 Mitglied eines technischen Treffens der EFSA über Gesundheitsfragen. Niederreiter vertritt als Lobbyist neben dem Österreichischen Unternehmen Red Bull GmbH auch das deutsche Unternehmen, da dieses eine 100-Prozentige Tochterfirma ist.


Weiter steht die EFSA mit dem Industrielobbyverband International Life Sciences Institute (ILSI) in Verbindung, welches vor allem im Bereich der Getränkebranche eine starke Lobbygruppe ist. In Europa befindet sich auch Red Bull in den Reihen der ILSI. Im vergangenen Jahr kritisierte bereits der Europäische Rechnungshof, dass die
EFSA ihre Interessenskonflikte als europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde nicht angemessen handhabt. Deutlich wurde dies, als der Skandal um die spätere Vorsitzende des EFSA-Verwaltungsrats Diana Banati bekannt wurde: Diese musste 2012 von ihrem Posten zurücktreten, nachdem ihr erneut nachgewiesen wurde, dass sie auch bei ILSI beschäftigt ist.

 

 

 

 

 

  Über die Autorin:

Laura Zwerger (geb. 1992) hat 2011/2012 für AA-Education Network ein sechsmonatiges redaktionelles Praktikum in Neuseeland und Australien absolviert. Seit Oktober 2012 studiert sie Journalistik mit Schwerpunkt Politik und Gesellschaft an der KU Eichstätt-Ingolstadt. Als freie Mitarbeiterin schreibt sie für das Onlinemagazin treffpunkteuropa.de. Ihr Text ist Ergebnis eines Rechercheseminars, das Meinrad Heck (edition-zeitlupe) im Rahmen einer Werkstatt Recherche im August 2013 an der Universität geleitet hat

Für Feedback: laurazwerger (att) gmx.de

 

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